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Raps ist stark nachgefragt, knapp und teuer, Anbauumfang in Schleswig-Holstein wieder gestiegen (+18 % auf ca. 73.000 ha)

Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer Ute Volquardsen besuchte heute den Hof Witthohn in Norddeich im Kreis Dithmarschen. Zentrales Thema war die Rapsblüte, der Stand der Kultur in Schleswig-Holstein, die gestiegenen Preise und Marktaussichten sowie die durch den Ukrainekonflikt angeheizt gestiegene Nachfrage nach heimischen Ölsaaten und Ölen.

Maike und Carsten Witthohn und Kammerpräsidentin Ute Volquardsen (re.) Foto: Daniela Rixen, Landwirtschaftskammer SH

Rapsöl aus Schleswig-Holstein wird immer beliebter. Foto: Daniela Rixen, Landwirtschaftskammer SH

Das Thema Rapsöl ist für die Medien zur Zeit in wichtiges Thema. Foto: Daniela Rixen, Landwirtschaftskammer SH

Maike und Carsten Witthohn zeigten den anwesenden Medienvertretern wie aus der schwarzen Rapssaat (Ernte ist im Juli/August) Öl gepresst wird. Das Speiseöl besitzt rund 93 % einfach- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Der Anteil von Omega-3-Fettsäuren liegt bei gut 10 %. Kaltgepresst enthält das Öl viele wertvolle Inhaltsstoffe wie E-Vitamine und sollte nur kalt verzehrt werden. Raffiniert eignet es sich als geschmacksneutrales Öl zum Braten und Kochen. Rapsöl ist gesund und nachhaltiger als Palmöl. Es hat einen Ölgehalt von über 40 % je nach Sorte. Von einem Hektar Raps können 1.800 l Öl erzeugt werden, allerdings ist es weniger bei geringeren Erträgen.

Der jetzt im Mai strahlend gelb blühende Raps ist aus dem Landschaftsbild von Schleswig-Holstein nicht wegzudenken. Und die Blüte zieht sich aufgrund der Wetterlage – erst sehr kalt und dann zudem trocken – in diesem Jahr sehr lange hin. Zuletzt war der Anbau kontinuierlich gesunken, 2021 nur noch auf rund 60.000 ha. Jetzt ist der Anbau erstmals wieder gestiegen. Raps wird im August gesät. Wie sich die Preisentwicklungen und starke Nachfrage auf die kommende Anbaufläche (2022/23) auswirken werden, bleibt spannend und wird auch von den im Juli/August geernteten Erträgen abhängen.

Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, sagte dazu: „In Schleswig-Holstein ist der Anbauumfang von Raps laut Statistikamt Nord nach drei Jahren des Rückgangs erstmals wieder gestiegen und zwar auf 73.000 ha. An das Niveau von 2014 mit rund 100.000 ha reicht die Anbaufläche aber bei weitem nicht heran. Doch Raps belegt nun wieder vom Anbauumfang Platz 2 der Marktfruchtkulturen hinter Winterweizen (150.300 ha, -4 % gegenüber Vorjahr) und vor Wintergerste (69.400 ha, + 1%) in Schleswig-Holstein (Mais nicht mitgerechnet). Gegenüber dem Vorjahr haben Schleswig-Holsteins Bauern 18 % mehr Raps gesät.

Grund für die gestiegene Anbaufläche waren gute Preisaussichten und auch wurde 2020 erstmals nach mehreren schlechten Rapsjahren eine passable Ernte verzeichnet, mit Erträgen von im Schnitt 40 dt/ha. Weder die Erträge noch der Umfang der Anbaufläche kommen aber an Werte vergangener Jahre wie 2014 oder 2015 heran. Raps ist eine sehr anspruchsvolle Kultur. Die Erträge haben sich im Vergleich zu früheren Jahren durch zu enge Fruchtfolgen, den Einfluss des Klimawandels auf das lokale Wettergeschehen und die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln spürbar reduziert. Wie stark das Anbaurisiko und der Anspruch an die Kulturführung gestiegen sind, zeigt sich auch darin, dass es nahezu keinen Sommerraps und auch keinen nennenswerten Bio-Rapsanbau in Schleswig-Holstein gibt aufgrund der Schädlingssituation, so die Präsidentin. Ute Volquardsen betonte weiter die Bedeutung von Raps

  • als wichtige Blattfrucht in der Fruchtfolge (durch die lange Pfahlwurzel lockert Raps den Boden. Durch die positive Vorfruchtwirkung, die u. a. durch die gute Bodengare erreicht wird, bringt Weizen, der nach Raps angebaut wird, mehr Ertrag im Gegensatz zu Weizen, der nach Getreide folgt,
  • als wichtige Einnahmequelle (die Preise sind gut)
  • und nicht zuletzt auch als heimisches Futtermittel im Ersatz zu Soja aus dem Ausland.

Kammer prüft Raps-Sorten im Versuch
Die Landwirtschaftskammer prüft seit Jahren in ihren Versuchen jährlich an verschiedenen Standorten neue Rapssorten auf verschiedene Merkmale wie Ertrag, Ölgehalt, Krankheitsanfälligkeit, Standfestigkeit. Dabei handelt es sich um altbewährte und auch ganz neue Züchtungen. Neben dem Sortenmerkmal des Ertrags spielt die Pflanzengesundheit aufgrund der eingeschränkten Pflanzenschutzmittelpalette eine immer wichtigere Rolle. Auch das Kriterium „Nährstoffeffizienz“ – also wie verwertet die Pflanze die Nährstoffe – hat im Zuge der verschärften Düngeverordnung an Bedeutung gewonnen. Auch die Höhe des Ölgehaltes spielt eine Rolle. Die Ergebnisse der Sortenprüfung fließen in die Anbauberatung der Kammerexperten ein und dienen Landwirtinnen und Landwirten als Entscheidungsgrundlage für die nächste Aussaat. Grundsätzlich gilt es, das Risiko im Anbau durch verschiedene Früchte und Sorten zu minimieren, also nicht alles auf eine Karte zu setzen. Moderne Rapssorten zeichnen sich dadurch aus, dass sie stresstolerant sind und Höchsterträge auch bei reduziertem Pflanzenschutzmitteleinsatz und bedarfsgerechter Düngung erzielen. Raps ist wichtig für die Landwirtschaft und, wenn er blüht, eine wichtige Pflanze für die Honigbienen und andere Insekten als ergiebige Trachtpflanze. Er ist besonders reichhaltig an Nektar und Pollen. Der Schutz der Bienen hat beim Pflanzenschutz im Rapsanbau daher oberste Priorität.

Wie steht der Raps?
Die Rapsblüte hat in diesem Jahr deutlich später begonnen. Aufgrund der vielfach immer noch einstelligen Temperaturen im April, teils mit Bodenfrost, ist der Raps mit seiner Entwicklung gegenüber dem Vorjahr rund zwei Wochen später dran. Die Vollblüte ist mittlerweile auf den leichten Standorten und im Süden bereits überschritten, in den nördlichen Landesteilen jedoch erst erreicht. Im April fehlte der Regen, was die Entwicklung, insbesondere durch die reduzierte Nährstoffaufnahme, verlangsamte. Frostschäden blieben gering und der Raps ist, mit Ausnahme von rapserdflohgeschädigten Beständen, gut durch den Winter gekommen. Allerdings zeigen sich die Bestände momentan noch etwas dünn, was sich aber durch die Ausbildung der tief angesetzten Seitentriebe bald ändern dürfte.

Wertvolles Öl und hochwertiges Futtermittel
Eine weltweite Bedeutung hat die heimische Ölfrucht als wertvolles Speiseöl, im Bereich Biodiesel und in der Pflanzenölproduktion für technische Öle, Schmierstoffe und vor allem auch Margarine und Speiseöl. Der Rapskuchen, der nach dem Auspressen in der Ölmühle übrig bleibt, ist ein wichtiges Eiweißfuttermittel, gentechnikfrei und als Ergänzung zu anderen heimischen Eiweißträgern wie Ackerbohnen und Erbsen. Dennoch kann damit allein Soja – aufgrund seiner günstigen Aminosäurezusammensetzung – in der Fütterung nicht vollständig substituiert werden. Aber die Nachfrage nach Substituten wie Ackerbohnen nimmt zu. Rapsextraktionsschrot ist nach den Weidelgräsern die zweitgrößte Eiweißquelle in der Rinderfütterung und wird mengenmäßig häufiger eingesetzt als Sojaschrot. Der Preis ist aufgrund der Nachfrage bereits von rund 300 €/t auf 500 €/t gestiegen. Auch im Futtersektor ist durch den Wegfall von Sonnenblumenextraktionsschrot aus der Ukraine und Russland die Nachfrage nach Rapsschrot stark angestiegen. Dennoch fällt der Preisanstieg nicht so stark aus wie beim Rapsöl, da es besser substituiert werden kann, z. B. durch einheimische Leguminosen und Sojaschrot.

Leere Supermarktregale – Suche nach Substituten
Familie Witthohn berichte, dass die Nachfrage, trotz Preisanstieg, nach ihrem selbstgepressten Speise-Rapsöl sehr stark gestiegen ist. Viele Verbraucher standen zuletzt vor leeren Supermarktregalen für Sonnenblumenöl und wichen auf Rapsöl aus. Auch der Trend vermehrt auf regionale Produkte zurückzugreifen, ist ungebrochen. Allerdings ist auch spürbar, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher den Gürtel wieder enger schnallen (müssen) und verstärkt Sonderangebote nutzen, gerade bei den sogenannten Grundnahrungsmitteln wie z. B. Butter. Aus der Wirtschaft ist zu hören, dass Pflanzenfett, z. B. zum Frittieren von Pommes frites, so manchen Imbiss unwirtschaftlich gemacht hat und man auf Kartoffelbeilagen auswich statt Pommes frites. Auch Mc Donald´s überlegt auf Rapsöl umzusteigen, was die Nachfrage zusätzlich anheizen könnte. In Belgien werden die Pommes frites in tierischem Fett frittiert.

Indonesien schließt Grenzen für Palmöl
Erst kürzlich schloss Indonesien die Grenzen für die Ausfuhren von Palmöl, was Raps als Ersatzprodukt – noch dazu nachhaltiger als Palmöl – in der Beliebtheit weiter steigern dürfte. Der Stopp der Lieferungen von Palmöl und anderen Rohstoffen, hat die Kosten für Lebensmittel weltweit nochmals erhöht und könnte die Regierungen zwingen, sich bei Pflanzenölen verstärkt zwischen der Verwendung in Lebensmitteln oder als Biokraftstoff zu entscheiden (Tank, Trog oder Teller), sagen Marktexperten.

Kammerpräsidentin Ute Volquardsen betonte in diesem Zusammenhang, dass zur Nachhaltigkeit auch eine gewisse eigene Produktionsunabhängigkeit gehöre, also den Raps hier in Schleswig-Holstein anzubauen. Corona und auch der Krieg in der Ukraine ließen die Auswirkungen eingeschränkter globaler Lieferketten, Abhängigkeiten vom Ausland und verknüpfter Warenströme in stark gestiegenen Kosten und Mangel erfahrbar werden. Auch wenn das in keiner Weise mit dem Leid im Kriegsgebiet vergleichbar ist, belaste es vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen sehr. Seit Wochen steigen die Lebensmittelpreise und die Regale für Grundnahrungsmittel (Mehl, Butter, Öl) sind leer. Auch die Tafeln klagen über fehlende Unterstützung, was bedeutet, Menschen abweisen zu müssen.

Gute Preise für die Erzeuger
Die Rapskurse liegen aktuell auf Rekordniveau. Grund dafür ist die weltweit gestiegene Nachfrage nach Biodiesel und Pflanzenöl. Nicht nur in Deutschland, auch in der EU hat sich die Rapsanbaufläche in den vergangenen Jahren verringert. Damit steigt der Importbedarf. Bereits im Frühjahr 2021 stiegen die Rapspreise deutlich an. Ein sehr heißer Sommer hat die Raps (Canola)-Ernte in Kanada stark reduziert. Damit blieben die Einfuhren aus Nordamerika in der EU deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die deutlich steigenden Energie-(Rohölpreise) haben zudem die Biodieselnachfrage im Herbst 2021 erhöht. Die Landwirte nutzten die attraktiven Kurse und verkauften die Erntemengen aus dem Jahr 2021. Der Kriegsbeginn in der Ukraine traf dann auf diesen knapp versorgten Markt. Die Kurse stiegen auf Rekordniveau. Davon konnten jedoch die Erzeuger nicht profitieren, da die Ernte meist schon verkauft war. Zum Teil hatte man auch schon Kontrakte für die neue Ernte abgeschlossen. Dennoch konnte man meist Kurse erzielen, die weit über dem Durchschnitt der Vorjahre lagen. Hiesige Landwirtinnen und Landwirte erzielten für die Restmengen aus der alten Ernte bis zu 1000 €/t und konnten Vorverträge für die neue Ernte von bis zu 850 €/t abschließen. Allerdings haben sich die Düngerpreise ebenfalls sehr stark erhöht wie auch die Energiekosten z. B. Diesel.

Marktentspannung in Sicht?
Sollte die diesjährige Rapsernte in Kanada wieder ein mittleres Ergebnis erreichen, könnte sich die Lage bereits in diesem Herbst wieder entspannen und die weltweiten Rapsvorräte wieder steigen. Nach einer ersten Schätzung des Weltgetreiderates (IGC) könnten dann auch die fehlenden Mengen aus dem Schwarzmeerraum ausgeglichen werden.

Müssen wir uns auf Knappheit bei Speiseöl /Biodiesel in Deutschland einstellen, welche Länder exportieren oder importieren oder schotten Märkte ab? Verändert sich die Verwendung von Raps statt Treibstoff – Salatöl?

  • Die erste Auswirkung des Krieges war die Verknappung von Ölschroten hierzulande. Aus Russland kamen umfangreiche Mengen (meist Sonnenblumenschrot) über die Ostsee. Dieses fehlt hierzulande als GVO-freie Komponente im Milchvieh-Mischfutter. Mittlerweile soll man auf andere Komponenten ausgewichen sein (heimisches Rapsschrot, Donau-Soja).
  • Es ist ausreichend Rapsöl vorhanden, eventuell muss nur die Biodieselproduktion aus Rapsöl reduziert werden (60 % der dt. Rapsernte geht in Biodiesel etc.). Durch die Hamsterkäufe kam man in der Speiseöl-Produktion nicht so schnell mit dem Abfüllen nach.
  • In der EU sind die Anbauflächen für Raps (aber auch Soja und Sonnenblumen) gestiegen. Die höhere Erntemenge 2022 kann die reduzierten Lieferungen aus dem Schwarzmeerraum ersetzen.
  • Am Weltmarkt sollte eine höhere Rapsernte in Kanada die Bestände auffüllen können (im Vorjahr deutlicher Einbruch durch Trockenheit). Nord- und Südamerika liefern Sojaöl. Meldungen über den Anbauumfang und die Wachstumsbedingungen (Wetter) sorgen für Preisausschläge an den Märkten.
  • China ist der größte Sojabohnen-Importeur der Welt und zuletzt seine Nachfrage erhöht.
  • Indonesischer Export-Verbot für Palmöl hat die Kurse für alle pflanzliche Ölsorten nochmals steigen lassen. Indonesien will damit die Nahrungsmittelpreise im Land und die Inflation im Land reduzieren. Sie produzieren jedoch deutlich mehr, als sie brauchen. Rohes Palmöl darf auch ausgeführt werden, nicht aber raffinierte Produkte. Palmöl ist das günstigste Öl und in vielen Produkten enthalten (Haarwaschmittel, Kekse, Biodiesel).
  • Der Eurokurs liegt auf 2-Jahrestief, dies sorgt für hohe Preise für Import-Futtermittel-Komponenten und pflanzliche Öle. Damit sind heimische Produkte sehr gefragt und zeigen ihre Wertigkeit.
  • Derzeit läuft die Produktion von Biodiesel wohl noch ungebremst weiter. Die Nachfrage ist durch die hohen Spritpreise hoch. Ob das Beimischungsgesetz geändert wird, ist eine politische Frage.
  • Durch die Biodieselproduktion ist der Selbstversorgungsgrad für Raps von 2014 mit 60 % auf 30 % in 2020 gefallen. Damit läuft auch die Biodieselproduktion in Deutschland überwiegend mit Importen (Raps-, Soja-, Sonnenblumen-, Palmöl).
  • Vorausgesetzt die Ernteerträge 2022 fallen in SH passabel aus, dürfte im August der Anbau noch weiter steigen, denn es zeichnet sich ab, dass die Nachfrage weltweit eher wächst, als schrumpft. Durch die GAP muss die Fruchtfolge breiter werten. Eventuell mehr Raps in den Weizen- nach Weizenregionen an der Westküste.

Rapsimporte aus der Ukraine nach Deutschland
Im vergangen Jahr importierte Deutschland rund 900.000 t Rapssaaten aus der Ukraine. Es ist jetzt von geringeren Mengen im kommenden Jahr auszugehen wegen des Krieges, dann dürften jedoch andere Marktteilnehmer wie Kanada einspringen können.
Ist zu erwarten, dass mehr Raps zu Speiseöl im eignen Land produziert wird und im Land verbleibt?
Das wird maßgeblich vom Markt abhängen und den entsprechenden Substituten. Aktuell scheint es sich bei den leeren Regalen um ein Verteilungsproblem und nicht um ein Mangelproblem zu handeln.
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Verantwortlich für den Pressetext: Daniela Rixen, Pressesprecherin der Landwirt-schaftskammer Schleswig-Holstein, Telefon: 0 43 31-94 53-110, E-Mail: drixen@lksh.de